Jüdische Gemeinde Mehlem
In Mehlem existierte eine kleine jüdische Gemeinde, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebildet hatte und als Filialgemeinde der Godesberger Kultusgemeinde angeschlossen war. Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden in der Meckenheimer Straße statt, die 1874 eingeweiht worden war. Auch ein eigener Friedhof wurde angelegt, dessen Grundstück von Gottfried Levy, der auch die Synagoge stiftete, zur Verfügung gestellt wurde. Dieser liegt in einem, heute umbauten Wohngebiet, steil abgelegenen Hang unterhalb des Rodderbergs. Hier finden sich noch heute ca. 45 Grabsteine.
Versuche sich von der Muttergemeinde Godesberg zu lösen und Autonomie zu erreichen, scheiterten. Wegen rückläufiger der Gemeindemitglieder, wurde ab Ende der 1920er Jahre nicht mehr benutzt, und die in Mehlem verbliebenen Juden besuchten nun die Gottesdienste in Godesberg. Grund dafür war, dass nach der jüdischen Lehre, mindestens zehn Männer für einen Gottesdienst anwesend sein mussten.
Eines der ersten jüdischen Mitglieder Opfer in Mehlem war der Metzgermeister Joseph Levy, der von SS-Männern in seinem eigenen Betrieb, am Vorabend seiner Silbernen Hochzeit, erhängt wurde.
Während des Novemberpogroms wurde die Mehlemer Synagoge von den Nationalsozialisten in Brand gesteckt und brannte völlig nieder. Dietrich Glauner, der Enkel des gleichnamigen Historikers, zu dessen Ehren die Straße vom Dorfplatz auf die Meckenheimer Straße benannt ist, erinnerte in einem Gespräch: „Hilflos musste die Feuerwehr am 09. November 1938 mit ansehen, wie die Mehlemer Synagoge dem Feuer dem Feuer zum Opfer fiel. Sie durften nicht eingreifen!“
Der Tod des angesehenen Bürger Joseph Levy schockiert viele Mehlemer:
Am 18. Juni 1935 fällt „Levys Jupp“ einem Anschlag von Männern des SA zum Opfer. Während die Todesanzeige nebulös vermeldet, der Herr Metzgermeister sei plötzlich verstorben, ist die Sache für seine Familie klar: Levy wurde umgebracht, weil er den Nationalsozialisten unbequem geworden war.
Wie das GA-Archiv erzählt, riefen die Nazis im Juni 1935 im gesamten Stadtgebiet zum Boykott jüdischer Geschäfte auf: „Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter.“ Daraufhin soll Metzger Levy dem Fabrikanten Ringsdorff mitgeteilt haben, er möge diese Transparente aus seinem Werk entfernen, andernfalls würde er dafür sorgen, das Ringsdorff aus den Niederlanden weniger Aufträge erhielt und damit selbst spürte, wie es ist, geächtet zu werden.
Ringsdorff aber wandte sich an den NSDAP-Ortsgruppenleiter und den Bürgermeister von Bad Godesberg, Heinrich Alef, aber auch an einige in seinem eigenen Betrieb beschäftigte SA-Männer.
Diese Nazis nahmen die Angelegenheit auf ihre Art in die Hand: Am Nachmittag des 18. Juni 1935 belagerten 50 SA-Leute den Laden von Levy und skandierten: „Wenn vom Messer spritzt das Judenblut“ und „Juda verrecke“. Was danach geschah, gilt als umstritten. Der Metzgergeselle Wilhelm Nettekoven fand seinen Chef am nächsten Morgen tot und scheinbar misshandelt in der Räucherkammer liegen. Es roch nach Gas.
Der Arzt Dr. Wald weigerte sich, den Totenschein auf Freitod auszustellen. Die Mehlemer waren sicher: Die SA-Männer hatten Levy zusammengeschlagen und mit dem Gas vergiftet. Drei Tage nach seiner Silberhochzeit wurde er auf dem kleinen jüdischen Friedhof in Mehlem begraben. Auch seine Frau Ernestine und ihr gemeinsamer Sohn Karl überlebten die Nazi-Zeit nicht. Nach Internierung und Abtransport in die KZs des Ostens, wurden sie vermutlich 1942 in Minsk ermordet.
Quelle: GA 03.06.2015
Die wohl wahrscheinlichste Variante, über den Tod von Levy lautet, dass er in seiner eigenen Schlachtkammer an einem Fleischerhaken aufgehangen wurde. In den Tagebüchern des Historikers Dietrich Glauner, der sich um Mehlem sehr verdient gemacht hat, sollen die Namen von Mehlemer Bürgern, die an dem Mord beteiligt gewesen sein sollten, aufgetaucht sein. Diese Notizen, wurden zum Schutz der Nachfahren entsorgt.
Quelle: Gespräche mit Dietrich Glauner, Enkel des gleichnamigen Historikers
Bei Umbauarbeiten an der Französischen Schule wurden 2010 verkohlte Ziegelsteine gefunden, die als Überreste der Synagoge zuzuordnen waren, gefunden. Auch verrostete Metallverzierungen waren darunter, die wahrscheinlich am Eingang angeordnet waren.
In Mehlem wurden einige Stolpersteine verlegt, so in der Meckenheimer Straße und der Siegfriedstraße. Einer der Steine, befindet sich in Andenken an der Metzger Joseph Levy, dort, wo früher die Metzgerei war.
Quelle: Gespräche mit Alteingesessenen Mehlemer Bürgern
Eins der wenigen, wenn nicht das einzige Bild vom Metzger Joseph Levy. Am Steuer sitzt Fritz Schorn. Am Wagen befinden sich zwei Brüder der Familie Hartlief, die später nach Deutsch Südwest Afrika, heute Namibia auswanderten.
Foto: Privatbesitz Familie Schorn
Der Tod des jüdischen Metzger Josseph Levy in Mehlem:
Selbst nach intensiven Recherchen, wurde nie ein Bild der Synagoge gefunden. Altureingesessene Mehlemer konnten diese lediglich in Gesprächen beschreiben. Beim Godesberger Heimatverein, sind lediglich Skizzen über den Bau zu finden.
Heute erinnert eine Gedenktafel an den Standort der Synagoge.
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